23. Februar 2009

Wie man als Volk entscheidet

Meine Leser, die nicht aus Berlin kommen, werden vermutlich gar nicht wissen, dass bei uns am 26.04.09 ein Volksentscheid ansteht. Es geht um den Religionsunterricht, der nämlich in Berlin vernünftigerweise kein Pflichtfach ist, sondern ein freiwilliges Angebot. Stattdessen gibt es ab der siebten Klasse das Fach Ethik als Pflichtfach.
Ein moralische Erziehung ohne den allwissenden Zausel, der von seiner Wolke den großen Lauschangriff laufen lässt, ist den Pfaffen natürlich ein Dorn im Auge. Daher gab es ein Volksbegehren mit dem Ziel Ethik durch ein nach Konfessionen getrenntes Fach "Ethik/Religion" zu ersetzen.

So weit, so schlecht. Ich habe schon mehrfach den Bildungsauftrag meines Blogs betont. Daher möchte ich die Berliner unter meinen Lesern heute über den richtigen Umgang mit dem Volksentscheid aufklären. Mein Tipp: Nicht beachten!

Der Grund dafür liegt im Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid selber. In § 36 wird nämlich beschrieben, was passieren muss, damit ein Volksentscheid erfolgreich und für den Berliner Gesetzgeber bindend ist:

Ein Gesetzentwurf oder ein sonstiger Beschlussentwurf ist
durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und zugleich mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten zustimmt.


Bei 2,44 Mio. Wahlberechtigten müssen also mindestens 610.000 Berliner dafür stimmen. Selbst wenn das passieren sollte, würden die Pro-Reli-Gegner mehr als 610.000 Stimmen benötigen, um die Anachronisten aus den Schulen fernzuhalten. Das wäre eine Wahlbeteiligung von mehr als 50%. Zur Erinnerung, an der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus haben sich gerade mal 58% der Wahlberechtigten beteiligt. Das wird wohl nicht passieren.

Ich jedenfalls bleibe zu Hause und hoffe auf das gleiche Ergebnis wie beim letzten Volkentscheid in Berlin. Die Tempelhofbefürworter hatten zwar die Mehrheit der Wähler, aber nur 22% der Wahlberechtigten.

22. Februar 2009

Die Schattenseiten der Informationsfreiheit

James Tilton ist Lastwagenfahrer bei Yellow Transportation in San Francisco. Am 20. August des letzten Jahres hat er 2.200 $ für eine Organisation gespendet, die sich für ein Verbot von Homo-Ehen in Kalifornien einsetzt.
Spannend daran ist weniger, dass es in Amerika einen Haufen Homophober gibt, die sich gerne in die Leben anderer Einmischen und dafür bereit sind das sauer verdiente Geld auszugeben. (Wie viel mag wohl ein amerikanischer Lasterfahrer verdienen?) Bemerkenswert ist eher, dass ich diese Information so einfach bekommen kann, jemand anderer sie also problemlos beschaffen und ins Netz stellen kann.
Der Grund liegt in einem kalifornischem Gesetz, nachdem Spenden in bestimmter Höhe veröffentlicht werden müssen, um Korruption zu bekämpfen. Dann kommt ein fragwürdiges (weil quasi nicht existentes) Datenschutzrecht in Amerika und Google-Maps dazu. Schon kann sich jemand die Mühe machen und alle Spender für das Homo-Ehenverbot übersichtlich auf einer Karte darstellen.

Meine Sympathie für Menschen wie Mr. Tilton hält sich zugegebenermaßen in Grenzen, aber mit diesem Tool ließe sich ja noch viel mehr anstellen. Unsere Neurechten könnten alle Antifa-Mitglieder oder Ausländer übersichtlich auflisten, damit nicht mal versehentlich das falsche Haus brennt. Scientology könnte seine Gegner auf einer Karte eintragen. Was auch immer die anderen Sektenmitglieder damit anfangen.
Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Da hilft dann auch das deutsche Datenschutzrecht wohl nicht mehr viel.

15. Februar 2009

Maria Esmeralda

Ihr erinnert Euch sicher, dass ich von Maria Esmeralda, ihres Zeichens Wahrsgerin meine persönlichen Glücksdaten und drei Wertvolle Geschenke versprochen bekam. Das alles kostenlos.

Ganz so kostenlos war es dann aber nicht. Hier mein offener Brief an Frau Esmeralda:

Liebe Frau Esmeralda,
vielen Dank für den liebevoll gestalteten Serienbrief, den Sie mir haben zukommen lassen. Es macht nichts, dass Sie meinen Namen falsch abgeschrieben haben. Es macht auch nichts, dass Sie mich für eine Frau gehalten haben, auch eine Wahrsagerin kann ja mal daneben liegen. Es hat dem Charme Ihrers Schreibens auch fast gar keinen Abbruch getan, dass Ihre Unterschrift darauf nur kopiert war. Es hätte ja auch "Dieser Brief ist maschinell ertsellt und gilt auch ohne Unterschrift" darunter stehen können. Das tat es aber nicht und ich weiß das zu schätzen.

Nun zum Inhalt. Sie versprechen mir, ich könne so viel Geld haben, wie ich möchte. Dazu benötige ich aber die zweite Voraussage, für die ich jetzt 50 € bezahlen soll. Das verstehe ich nicht. Zum ersten hatten Sie mir die Voraussage doch kostenlos versprochen, zum zweiten schreiben Sie doch selber in Ihrem Brief, dass Geld mein größtes Problem sein. Sie werden sich daher denken können, dass ich 50 € nicht so ohne weiteres aufbringen kann.
Ich finde es auch verwunderlin, dass ich statt der versprochenen Geschenke nur ein "Pentagramm des Reichtums" bekomme, das Sie einfach auf dem Brief mit drauf gedruckt haben.

Ich würde Ihnen gerne einen Vorschlag unterbreiten: Ich vertraue Ihnen voll und ganz. Da Sie mir sagen, ich werde in Kürze großen Reichtum erlangen (Sie schrieben von mehr als 500.000 €), verspreche ich Ihnen hiermit, dass ich Ihre Unkosten zehnfach zurückzahle, sobald das angekündigte Ereignis eingetreten ist. Ich bin auch gerne bereit, darüber einen Vertrag abzuschließen.

Sie haben mich inzwischen aufgefordert folgende Posten zu bezahlen:
1. 50 € für die zweite Voraussage
2. 50 € für die Übersetzung der geheimen Anweisungen aus dem "Buch der Magie" (die im Übrigen gar nicht nötig ist, da ich Latein beherrsche)
3. 30 € für Sekretariat und Bearbeitung meines Tarots.

Das macht in Summe 130 €. Ich bezahle Ihnen gerne 1.300 €, sobald auch nur 10% des versprochenen Geldsegens (50.000 €) bei mir angekommen sind. Was halten Sie davon?

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Zaphod (Herr Zaphod)


Ich freue mich so auf den nächsten Brief!

P.S. Ich habe inzwischen drei Briefe von Frau Esmeralda (vermutlich eher einem geschäftstüchtigen Schweizer) erhalten. Mehr über den Inhalt erfahrt Ihr in den nächsten Tagen.

14. Februar 2009

Herr der Ringe (6)

Wie aufmerksame Leser dieses Blogs ja wissen, bin ich unsterblich, und das Dank eines einfachen Gadgets von Alex Chiu.

Leser Franz P. wies mich jetzt darauf hin, dass Herr Chiu bereits 1999 einen Auftritt in der Daily Show von Jon Stewart hatte. Ein bisschen hatte ich aber den Eindruck, dass Chuis Leistung nicht bedingungslos anerkannt wurde.

Seht es Euch halt selber an. Es lohnt sich.

4. Februar 2009

Verrückt oder genial?

Stellt Euch vor, jemand erzählte Euch, dass die Menschen nicht etwa durch die Evolution entstanden sind, sondern von einem versunkenen Kontinent kommen, es zwei Jesuskinder gegeben habe, das Gehirn aus dem Darm entstehe und er wisse das alles ganz sicher aus einem unsichtbaren Buch.
Das ist eine zeitlang ganz lustig. Spätestens aber wenn dieser offenbar gestörte Zeitgenosse noch begehrt Eure Kinder erziehen zu dürfen und hierzu auch Gewalt für ein probates Mittel hält, würde man ihn doch mit dem nächsten verfügbaren Kochlöffel aus dem eigenen Aktionsradius prügeln und hoffen, dass er nicht mehr lange frei rumläuft.

Das war aber nicht immer so. Der Mann hat es geschafft eine weltweit verbreitete Weltanschauung inklusive Wirtschaftsimperium zu gründen. Man nennt das Anthroposophie. Dazu gehören Firmen wie Demeter, Weleda, GLS Gemeinschaftsbank, Öko Bank, Dr. Hauschka Kosmetik und viele andere mehr. Die Erziehung nennt man Waldorfpädagogik.
Alle oben genannten Ideen hat der Gründer Rudolph Steiner tatsächlich gesagt oder geschrieben und als Wahrheit verkündet.

Das zeigt deutlich, wie schmal der Grad zwischen schizophrenem Paranoiker und Guru ist. Wenn die richtige Zeit und die richtigen Leute zusammen kommen, wird aus einer wirren Idee schnell eine Weltanschauung. Weitere Beispiele gefällig?

Geerd Ryke Hamer (der hat sich immerhin von seinem toten Sohn erklären lassen, was es mit dem Krebs so auf sich hat und wie er zu heilen ist. Vom Tod seiner Patienten lassen er und seine Jünger sich nicht beeindrucken.)

Lafayette Ron Hubbard (Der erzählt uns immerhin, dass ein galaktischer Herrscher vor 75 Mio Jahren einen Teil seiner Bevölkerung auf die Erde brachte, an Vulkanen aufschichtete und Wasserstoffbomben zündete. Unter den Geistern dieser Menschen (Tethane) leiden heute immer noch alle, die nicht alle Ersparnisse bei seiner Sekte verklappen.)

Eine gut ausgestattete Psychiatrie hätte in diesen Fällen wohl viel Leid von der Erde ferngehalten.

1. Februar 2009

Buchempfehlung des Monats (Dezember '08)

Philip K. Dick ist schon lange tot, aber weiterhin ein großer Einfluss auf Science Fiction Literatur und Film.
Diese 800-seitige Sammlung von Erzählungen und Kurzgeschichten enthält beispielsweise den "Minority Report", die Vorlage zu dem gleichnamigen Film. Natürlich sind auch schwächere Werke dabei, aber insgesamt eine großartige Übersicht über sein Werk.

Wer alles haben möchte, kann auch zur 5-bändigen Gesamtausgabe seine Werks greifen. Alle 118 SF-Erzählungen.

Zitat des Monats (Dezember '08)

Was für das Christentum gilt, gilt gleichermaßen auch für den Buddhismus. […] die buddhistische Priesterschaft – wie es sie beispielsweise in Tibet gibt – ist in höchstem Grade bildungsfeindlich, tyrannisch und grausam.

Bertrand Russell (1930)